21. Jun. 2023
20.15 Uhr
HAVE A LOOK!🔎 heißt unsere neue wöchentliche Reihe mit außergewöhnlichen Filmen, die es wert sind, dass man genauer hinschaut!
DE 2023 | Regie: Matthias Meyer, Alexander Rischer | mit: Kevin Kehoe, Stefan Canham, Robert Forster |122 Min | Engliche Originalfassung mit den deutschen Untertiteln
Wir freuen uns die Regisseure Matthias Meyer und Alexander Rischer sowie den Produzent Nils Hartlef begrüßen zu dürfen!
»Nehmen wir einmal einen Menschen mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten, nicht nur intelligent, sondern darüber hinaus mit wissenschaftlichen oder künstlerischen Talenten, ein Mensch also den die Gesellschaft braucht. Soll dieser Mensch, durch die Umstände gezwungen, dahin vegetieren oder darf er das Gesetz brechen um sich entfalten zu können?«
In seinem Film PICKPOCKET von 1959 stellt Robert Bresson eine historische Figur als Referenz in den Mittelpunkt seiner Erzählung, eine Figur, zu der der Protagonist des Films immer wieder in Beziehung gesetzt wird: George Barrington.
Das experimentell‐dokumentarische Filmessay „The Ballad of George Barrington“ nähert sich dieser historischen Person, die in den vergangenen 200 Jahren in verschiedenen Bereichen der Kunst manchmal prominent, häufiger jedoch als Randfigur auftauchte.
Erzählt wird die Ballade über einen Mann, der Mitte des 18. Jahrhundert in Irland geboren wurde, sich in der adeligen britischen Gesellschaft als notorischer Taschendieb bewegte, vor dem Gericht Old Bailey in London seine Verteidigung ohne anwaltliche Hilfe selbst übernahm und verbannt nach Australien gegen Ende seines Lebens Polizeichef von Parramatta wurde.
Die Filmemacher begaben sich auf die Suche nach den Orten und Gegenständen, die George Barrington nachweislich zuzuordnen sind. Diese bilden, über die Welt verstreut, ein Museum ohne gemeinsamen Ort. In den vielen Varianten, in denen über Barringtons Tun berichtet wird, stehen die Identitäten von Orten, Dingen, Personen schon zu seinen Lebzeiten in einem unscharfen Verhältnis zueinander, verwischen, als wären sie geträumte. Und da im Traum nicht getäuscht werden kann, muss man die Tatsache würdigen, dass Barringtons traumhafte Reiseberichte, die nach seiner Verbannung nach New South Wales als Bücher erschienen sind, wohl alle nicht aus seiner eigenen Hand stammen und seine Leser – und dies waren viele Tausende – getäuscht wurden, nicht über das Beschriebene, aber über dessen Urheber. So werden auch die Hinzufügungen der Autoren Lücken behaupten und zugleich zu schließen suchen. Die Ballade, d.h. der Film, der die verschiedenen Materialien aus unterschiedlichen Quellen vereint, wird im übertragenen Sinn, die Melodie stiften, die alles Disparate zu und über George Barrington, in ein harmonisches Verhältnis, in ein stimmiges Bild bringt.